In diesem Kapitel untersuche ich Eignung und Grenzen des »Protokolls« als historische Quelle. Protokolle sind nicht nur das »gefilterte Gedächtnis« einer Organisation, sondern werden auch zu historischen Quellen für WissenschaftlerInnen, die dieses gefilterte Gedächtnis verstehen wollen. Wortwörtliche Aufzeichnungen oder Protokolle werden manchmal als Quelle bevorzugt, weil man davon ausgeht, dass sie vollständiger sind und somit das Ereignis akkurat repräsentiert wird. Entgegen dieser Annahme werde ich zeigen, dass sogar das Wortprotokoll eine stark stilisierte und veränderte Aufzeichnung des Ereignisses ist. Ich argumentiere, dass eine »verbatim ideology« (Inoue 2018) das Protokoll als genaue Quelle motiviert. Und schließlich, dass das Lesen des Wortprotokolls auf die entstehende Interaktionsdynamik des Ereignisses überraschende Einblicke in eingefahrene Diskussionen bieten kann.