13. November 1872: Die Wellen der Ostsee überfluten die Küsten von Neuvorpommern, Mecklenburg und Schleswig-Holstein, 271 Menschen sterben, etwa fünfzehntausend werden obdachlos, Schiffe versinken, zehntausende Tiere ertrinken. Ein Katastrophenereignis von zuvor nie gesehenem Ausmaß, wenngleich nicht ohne Vorgeschichte, ruft man jene Überflutungen vergangener Jahrhunderte an der Nordsee in Erinnerung: Das Geschichtsgedächtnis bewahrt eine erste, sog. Marcellusflut von 1219 und eine zweite von 1362 (von den Friesen Grote Mandränke genannt) mit zehntausenden von Opfern, oder die Burchardiflut mit etwa zehntausend Verunglückten. All diese Jahrhunderte schien die Ostsee sanfter als die Nordsee, doch wurde das Vertrauen zu ihr Ende 1872 bitter enttäuscht. Die Opferzahl war nicht zuletzt dem Umstand zu verdanken, dass die Überschwemmung in der Nacht erfolgte. Die Illustrierte Zeitung schrieb am 14. Dezember 1872: